Deutsche Literatur früher und heute

Alle Literatur, die man heute lesen kann, hat ihre Ursprünge, eine Abstammung und eine Quelle. Das trifft auch im Besonderen für Kinder- und Jugendbuchliteratur zu. Um zu verstehen, wie sich die Bandbreite an heutiger deutscher Kinderbuchliteratur entwickelt hat, lohnt ein kurzer Überblick über die deutsche Literaturgeschichte.

Zu Anfang war das Mittelalter

Aller Anfang der deutschen Literatur liegt im frühen Mittelalter. Das hat den einfachen Grund, dass seit dieser Zeit überhaupt auf einer Art von Deutsch geschrieben wurde! Das erste, was in deutscher Sprache zu lesen ist, sind Randnotizen an lateinischen Texten, die vermutlich damalige Klosterschüler zur Hilfe an den Text geschrieben haben. Die ersten vollständigen Texte sind die Merseburger Zaubersprüche und das Hildebrandtslied, niedergeschrieben im Kloster Fulda.

Schon hier fallen die Themen ins Auge: Zaubersprüche und Heldensagen. Ein beliebtes und aufregendes, ein faszinierendes Thema in der Kinderbuchliteratur!

Von dort aus entwickelt sich die Literatur des Mittelalters über drei Stadien: Aus dem Kloster, wo vornehmlich Texte abgeschrieben und übersetzt wurden, hin zum Adelshof, an dem prunkvolle und teure Pergamentschriften angefertigt wurden mit Legenden, Heldensagen und Chroniken, bis hinein in die Stadt, wo auf dem mittlerweile erfundenen Papier viel preiswerter geschrieben und letztendich auch gedruckt werden konnte.

Wer in der Literatur vom dunklen Mittelalter spricht, übersieht die unglaublich reiche Vielfalt an Literatur, die sich zwischen den Jahren 800 und 1500 in Deutschland entwickelt hat. Nicht zuletzt sind dort Grundsteine gelegt für Märchen, Sagen und auch für Fantasy-Literatur!

Die Entwicklung der deutschen Literatur seither

Was der mittelalterlichen Literatur nachfolgt, sind Renaissance und Reformation. Hier ist die Literatur mehr ein Instrument, um neues Gedankengut zu verbreiten. Es geht um den Umgang mit der Religion, wie bei Martin Luther, um aufkeimende Wissenschaft und um Gedanken zum „richtigen“ Leben.

In der Zeit zwischen 1600 und 1850 ist eine Hinwendung zu einem deutschen Kultur- und Literaturgut zu beobachten. Vorher wurden literarische Entwicklungen oft aus Frankreich übernommen oder aus dem Lateinischen übersetzt, jetzt aber sollte sich eine eigenständige deutsche Literatur entwickeln. Prominent sind aus dieser Zeit die Gebrüder Grimm, die mit ihren Kinder- und Hausmärchen und den Deutschen Sagen maßgeblich deutsches Kulturgut beschrieben und gesammelt haben und damit auch den Grundstein gelegt haben für das „Märchen“, wie wir es heute verstehen und kennen.

Es folgt eine Zeit des Aufruhrs, eine Zeit der Probleme, die durch die Literatur beschrieben und angeprangert werden. Angefangen bei Schillers Sturm und Drang, über Georg Büchners revolutionäre Werke, über die Texte des Expressionismus, die ganz offen die Hässlichkeit des Krieges widerspiegeln wollen, bis hin zu Werken des Nationalsozialismus, in denen mit Ideologie, Propaganda und Moral umgegangen werden musste. Auch diese Zeiten beeinflussen maßgeblich die heutige Jugendbuchliteratur, wird in ihnen doch stark über Recht und Unrecht, Gut und Böse verhandelt.

Literatur heute

Die heutige deutsche Literatur hat ihre Abstammung. Aus ihrer Geschichte lässt sich die Bandbreite ablesen, die heute auf dem Literaturmarkt präsentiert wird.

Und auch, wenn die Kinderbuchliteratur wissenschaftlich gesehen noch nicht alt ist, lässt sich doch ihr Pfad genauso wie der des Dramas oder des Romans weit zurückverfolgen: Angefangen bei der Literatur, die Ausgrenzung oder Rassismus behandelt, über moralische Geschichten mit erhobenem Zeigefinger wie den Struwwelpeter, über Grimms Märchen, bis hin zu den Legenden von Schätzen und Drachen und heldenhaften Recken. All dies lebt in der heutigen Kinder- und Jugendbuch- und Fantasy-Literatur weiter.

Die deutsche Literatur hat aus ihrer Geschichte gelernt, sich aller Themen anzunehmen, jedes Problem bearbeiten zu können, sei es Kinderbuch oder Reiseführer, Roman oder Gedicht.